Nach Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt ist am 19.07.2022 die Änderung der „Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme“ (AVBFernwärmeV) in Kraft getreten. Damit reagiert der Bund ein weiteres Mal auf die aus dem andauernden russischen Angriffskrieg in der Ukraine resultierende Gasknappheit.
Zuvor hatte der Gesetzgeber bereits das Energiesicherungsgesetz (EnSiG) zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit geändert. Nach dessen § 24 Abs. 1 S. 1 EnSiG ist es im Falle einer sogenannten „Gasmangellage“ Energieversorgungsunternehmen erlaubt, die Gaspreise gegenüber ihren Kunden auf ein angemessenes Niveau anzupassen. Nunmehr ist als „follow-up“ die Ergänzung der Absätze 5 bis 7 in § 24 AVBFernwärmeV erfolgt, die eine zeitlich erleichterte Preisweitergabe von Fernwärmeversorgungsunternehmen an ihre Kunden im Falle verminderter Gasimporte regelt. Dadurch sollen erhebliche Liquiditätsengpässe bei den Fernwärmeversorgungsunternehmen vermieden werden.
Die Gasmangellage bezieht sich dabei auf den Notfallplan Gas, der mehrere Frühwarn-, Notfall- und Alarmstufen umfasst. In Deutschland wurde die Frühwarnstufe am 30.03.2022 und die Alarmstufe am 23.06.2022 ausgerufen. Die Neuregelung des § 24 Abs. 5 bis 7 AVBFernwärmeV ist nur für den Fall anwendbar, dass die Alarm- oder Notfalllage ausgerufen wurde. Da die Alarmstufe in Deutschland am 23.06.2022 ausgerufen wurde, gelangt die Neuregelung also unmittelbar nach dem Inkrafttreten vom 19.07.2022 zur Anwendung. Sollte die Alarmstufe wieder zurückgenommen werden, bleibt § 24 AVBFernwärmeV zwar formell in Kraft, würde aber nicht mehr zur Anwendung kommen.
Nach der neuen Regelung sind Fernwärmeversorgungsunternehmen, die ihre Wärme aus Gas erzeugen, berechtigt, die ihnen von ihrem Gaslieferanten im Falle eines Gasnotstandes auferlegten Preiserhöhungen zeitnah an ihre Kunden und damit letztlich an den Verbraucher durchzureichen. Dabei dürfen die Versorgungsunternehmen den Zeitpunkt der Weiterreichung der Preiserhöhung abweichend von vertraglichen Regelungen frei wählen.
Der Wärmelieferant darf frühestens zwei Wochen nach der Gaspreiserhöhung die Preisanpassung weitergeben. Im Gegenzug steht den Kunden bei Ausübung des Preisanpassungsrechts durch das Fernwärmeversorgungsunterehmen dann ein Sonderkündigungsrecht.
Das Gesetz erscheint ambivalent. Zwar hat der Gesetzgeber mit der erleichterten Preisweitergabe einerseits die Systemrelevanz der Wärmelieferanten und deren Liquidität für die Aufrechterhaltung der Fernwärmeversorgung in Deutschland erkannt. Andererseits „trifft es“ mit der Preisweitergabe letztlich (nur) den Verbraucher. Insoweit bleibt nicht nur die etwaige Notfallstufe abzuwarten, sondern auch eine mögliche Klagewelle gegen die von den Unternehmen vorzunehmenden Preiserhöhungen.
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