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Neues Hinweisgeberschutzgesetz zwingt Arbeitgeber zum Handeln

Nachdem die Bundesrepublik Deutschland die EU-Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern bereits bis zum 17.12.2021 in nationales Recht hätte umsetzen müssen, tritt nach einem langwierigen und kontroversen Gesetzgebungsverfahren am 02.07.2023 das „Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“ (Hinweisgeberschutzgesetz – HinSchG) in Kraft.

Ziel des Gesetzes ist ein besserer Schutz von Hinweisgebern (Whistleblowern), mithin von Personen, die auf Missstände im Unternehmen oder Rechtsverstöße hinweisen.

Das Gesetz zwingt Arbeitgeber mit jeweils in der Regel mindestens 50 Beschäftigten sowie einige in § 12 Abs. 3 HinSchG aufgezählte Arbeitgeber des Finanzdienstleistungsbereichs auch unabhängig von der Zahl der Beschäftigten aktiv zu werden und Hinweisgeberschutzsysteme einzurichten. 

Dabei greifen die Verpflichtungen des HinSchG für Arbeitgeber mit jeweils in der Regel mehr als 249 Beschäftigten unmittelbar mit dem Inkrafttreten des Gesetzes am 02.07.2023. Arbeitgebern mit in der Regel mindestens 50 bis zu 249 Beschäftigten ist eine „Schonfrist“ eingeräumt. Für sie greifen die Verpflichtungen ab dem 17.12.2023. 

Die sich für den Arbeitgeber ergebenden Verpflichtungen aus dem HinSchG betreffen die Einrichtung interner Hinweisgeberschutzsysteme. Arbeitgeber müssen hiernach eine interne Meldestelle einrichten, an die sich Hinweisgeber wenden können. Diese interne Meldestelle hat nach § 13 HinSchG Meldekanäle zu betreiben, das Verfahren zu führen und Folgemaßnahmen zu ergreifen. Dabei ist die Betrauung eines Dritten mit den Aufgaben einer internen Meldestelle gemäß § 14 Abs. 1 HinSchG möglich, entbindet den Arbeitgeber jedoch nicht von der Pflicht, selbst geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um einen etwaigen Verstoß abzustellen. Die mit den Aufgaben einer internen Meldestelle beauftragten Personen sind nach § 15 HinSchG bei der Ausübung ihrer Tätigkeit unabhängig, wobei der Arbeitgeber jedoch dafür Sorge zu tragen hat, dass die beauftragten Personen über die notwendige Fachkunde verfügen. Nachdem der Arbeitgeber die interne Meldestelle und Meldekanäle für die interne Meldestelle installiert hat, bestätigt die interne Meldestelle der hinweisgebenden Person den Eingang einer Meldung spätestens nach 7 Tagen, prüft, ob der gemeldete Verstoß in den sachlichen Anwendungsbereichs nach § 2 HinSchG fällt, hält mit der hinweisgebenden Person Kontakt, prüft die Stichhaltigkeit der eingegangenen Meldung, ersucht die hinweisgebende Person erforderlichenfalls um weitere Informationen und ergreift angemessene Folgemaßnahmen nach § 18 HinSchG. Als Folgemaßnahmen sieht § 18 HinSchG insbesondere interne Untersuchungen und die Kontaktierung betroffener Personen und Arbeitseinheiten, die Verweisung hinweisgebender Personen an andere zuständige Stellen, den Abschluss des Verfahrens aus Mangel an Beweisen bzw. aus anderen Gründen oder die Abgabe des Verfahrens zwecks weiterer Untersuchungen an eine Compliance-Abteilung bzw. eine zuständige Behörde vor.

Daneben installiert das HinSchG von den internen Meldestellen unabhängige externe Meldestellen, die Hinweisgeber auch anrufen können, beim Bundesamt für Justiz, bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht sowie beim Bundeskartellamt und eröffnet die Möglichkeit zur Einrichtung externer Meldestellen der Länder.

Dabei wird der Hinweisgeber durch das HinSchG geschützt. So kann ein Hinweisgeber nicht für die Beschaffung von oder den Zugriff auf Informationen, die er gemeldet oder offengelegt hat, rechtlich verantwortlich gemacht werden, sofern die Beschaffung nicht als solche oder der Zugriff nicht als solcher eine eigenständige Straftat darstellt, § 35 Abs. 1 HinSchG. Repressalien gegen den Hinweisgeber einschließlich der Androhung oder des Versuchs der Ausübung von Repressalien sind gemäß § 36 Abs. 1 HinSchG verboten. Es greift eine Beweislastumkehr nach § 36 Abs. 2 HinSchG, wonach bei einem Hinweisgeber, der eine Benachteiligung im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit erleidet und geltend macht, diese Benachteiligung infolge einer Meldung oder Offenlegung nach dem HinSchG erlitten zu haben, vermutet wird, dass diese Benachteiligung eine Repressalie für diese Meldung oder Offenlegung ist. Der Verursacher von Repressalien ist nach § 37 HinSchG zum Schadenersatz verpflichtet.

Eine Schadenersatzpflicht trifft den Hinweisgeber selbst nach § 38 HinSchG nur für den Fall einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Meldung oder Offenlegung unrichtiger Information.

Die Verpflichtungen des Arbeitgebers nach dem HinSchG sind bußgeldbewehrt. Dieses betrifft sowohl die Behinderung einer Meldung oder Kommunikation als auch das Ergreifen einer Repressalie sowie die Nichteinrichtung oder den Nichtbetrieb einer internen Meldestelle. Ordnungswidrigkeiten nach dem HinSchG können mit einer Geldbuße bis zu 500.000,00 EUR geahndet werden.

Für alle Arbeitgeber mit in der Regel mindestens 50 Beschäftigten besteht damit Handlungsbedarf. Es drohen empfindliche Bußgelder. Dabei wird die Frist zur Einrichtung von Hinweisgeberschutzsystemen faktisch weiter dadurch verkürzt, dass der Arbeitgeber bei der Ausgestaltung des Hinweisgeberschutzgesetzes ggfs. die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates zu wahren hat.

Als problematisch dürfte sich für Arbeitgeber auch die in § 36 HinSchG vorgesehene Beweislastumkehr erweisen, nachdem bei einem Hinweisgeber, der geltend macht, wegen seines Hinweises benachteiligt zu werden, der Arbeitgeber beweisen muss, dass die Benachteiligung auf hinreichend gerechtfertigten Gründen basiert oder dass sie nicht auf der Meldung oder Offenlegung beruhte. Konfliktträchtig werden könnten hier beispielsweise Fälle, in denen ein Hinweisgeber nach seinem Hinweis bei einer Gehaltserhöhung oder Beförderung nicht berücksichtigt, versetzt oder sein befristeter Vertrag nicht verlängert oder entfristet wird. Macht der Hinweisgeber geltend, dass die ihn treffende Benachteiligung Folge seines Hinweises sei, wird der Arbeitgeber umfangreich darlegen und beweisen müssen, dass gerade dieses nicht der Fall war, vielmehr andere gerechtfertigte Gründe bestanden.

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