Nachhaltig werben mit „Klimaneutralität“?
Klimaschutz und Nachhaltigkeit sind Themen, die den Alltag bestimmen. Soweit mit diesen Begriffen Produkte oder Unternehmen beworben werden, haben sie auch erheblichen Einfluss auf das Kaufverhalten von Verbrauchern. Werbung mit dem Begriff „klimaneutral“ eröffnet damit schnell den Bereich der Irreführung des Verbrauchers und damit des UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb). Sowohl für unsere Unternehmens- als auch für die Mandantschaft auf Nachfragerseite ist dies von Relevanz.
Die Oberlandesgerichte Düsseldorf, dessen aktuelle Urteile vom 06.07.2023 jüngst durch die Presse gingen (Az. I-20 U 152/22 und Az. I-20 U 72/22, jeweils nicht rechtskräftig), sowie Frankfurt a. M. (Urteil vom 10.11.2022; in: GRUR 2023, 117) mussten sich hier zuletzt mit der Frage beschäftigen, ob Produktwerbung mit dem Begriff „klimaneutral“ eine Irreführung des Verbrauchers i. S. d. §§ 5, 5a UWG darstellen kann. Der Bundesgerichtshof hat sich dazu noch nicht positioniert.
Im Fall des Oberlandesgerichts Frankfurt a. M. ging es um die Bewerbung des Spülmittels „sonett“, im Fall des Oberlandesgerichts Düsseldorf um die Bewerbung von „katjes“-Fruchtgummi bzw. Konfitüre der Firma Mühlhäuser mit der Kennzeichnung „klimaneutral“. Vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf hatte die Wettbewerbszentrale aus Frankfurt geklagt, die der Auffassung war, der Verbraucher werde mit der „nachhaltigen“ Werbung in die Irre geführt. Er gehe davon aus, dass er ein klimaneutrales Produkt kaufe, dass in der Produktion keinerlei Emissionen verbraucht habe. In Sachen „katjes“ scheiterte die Wettbewerbszentrale dabei schon erstinstanzlich, bei der Konfitüre war sie erfolgreich. Beides wurde jetzt vom Oberlandesgericht Düsseldorf bestätigt. Dabei gelten folgende Kernsätze:
Das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. geht noch weiter und verlangte die Angabe, ob die Klimaneutralität ganz oder teilweise durch eigene Einsparungen bzw. Kompensationsmaßnahmen erreicht werde. Darüber hinaus sei darüber aufzuklären, wie die CO2-Bilanzierung berechnet wurde und welche Emissionen dabei in der Berechnung berücksichtigt bzw. nicht berücksichtigt wurden. Das gilt gerade dann, wenn sich das werbende Unternehmen mit einem entsprechenden „klimaneutralen“-Gütesiegel auszeichne. Darüberhinausgehende Detailinformationen (in welchem Umfang Klimaneutralität durch Reduktionsmaßnahmen erreicht werden, welcher Art die Kompensation sei oder welchen Gegenstand und Reduktionseffekte die gewählten Zertifikate hätten) seien allerdings nicht erforderlich und auch nicht lauterkeitsrechtlich bezweckt. Die Klägerseite moniert vor allem, dass sogenannte Kompensationsmaßnahmen, insbesondere im Bereich des Handels mit Klimazertifikaten, in Wirklichkeit nicht zur Klimaneutralität führen. Dies werde einfach unterstellt, treffe aber nicht zu.
Zumindest wurden mit der zitierten Rechtsprechung nunmehr erste Maßstäbe für die Aufklärungspflichten nach § 5a UWG für die Verwendung des Begriffes „klimaneutral“ gesetzt. Die Urteile des Oberlandesgerichts Düsseldorf wurden aufgrund ihrer grundsätzlichen Bedeutung für die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, so dass eine endgültige Entscheidung abzuwarten bleibt. Die Erreichung von Klimaneutralität ist komplex und so auch die Bewerbung mit derselben. Gerne beraten und vertreten wir Sie auch in diesem Bereich mit unserem Team.
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