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Arbeitgeber ab 01.08.2022 aufgepasst: Gesetzgeber erzwingt Anpassung der Arbeitsverträge oder separaten Nachweis

Der Gesetzgeber hat mit der Änderung des Gesetzes über den Nachweis der für ein Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Bedingungen (Nachweisgesetz – NachwG) neue Vorgaben in Kraft gesetzt, die die Arbeitgeber zu einer Anpassung der von ihnen verwandten Arbeitsverträge bzw. Verwendung eines separaten Nachweises zwingen.

Die EU-Richtlinie 2019/1152 vom 20.06.2019 verpflichtete die Mitgliedsstaaten zur Umsetzung ihrer Vorgaben für transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen bis zum 31.07.2022. Diese dreijährige Umsetzungsfrist wahrt der deutsche Gesetzgeber gerade so mit seinem Änderungsgesetz vom 20.07.2022, das entsprechend auch bereits ab dem 01.08.2022 Wirkung entfaltet und die Arbeitgeber zur kurzfristigen Reaktion zwingt.

Nach der Änderung des NachwG haben Arbeitgeber nämlich über die bisherigen Vorgaben des NachwG hinaus eine Reihe weiterer wesentlicher Vertragsbedingungen im Rahmen eines Nachweises festzuhalten. Neu hinzugekommen sind u. a. beispielsweise die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen sowie Vergütung, die vereinbarten Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für die Schichtänderungen, schließlich auch Hinweise zur Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage. Bei diesen exemplarisch herausgegriffenen Punkten handelt es sich um solche, die in der Praxis nur äußerst selten bislang in Arbeitsverträgen oder Nachweisen (vollständig) niedergelegt sein dürften.

Dabei hat der Arbeitgeber zu den im Gesetz im Einzelnen genannten wesentlichen Vertragsbedingungen einen schriftlichen, d. h. eigenhändig unterschriebenen Nachweis zu erstellen. Der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen in elektronischer Form ist nach § 2 Abs. 1 S. 3 NachwG ausdrücklich ausgeschlossen. Das Erfordernis eines separaten Nachweises entfällt nur für die wesentlichen Vertragsbedingungen, die im Rahmen des schriftlichen Arbeitsvertrages festgehalten sind, § 2 Abs. 5 NachwG. Das Gesetz fordert dabei die Aushändigung des Nachweises innerhalb unterschiedlicher Fristen je nach den geforderten Vertragsbedingungen zwischen spätestens am ersten Tag der Arbeitsleistung und einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses. In der Praxis wird dieses auf die Aushändigung spätestens am ersten Tag der Arbeitsleistung hinauslaufen. Eines entsprechenden Nachweises bedarf es dabei nicht nur bei der Neubegründung von Arbeitsverhältnissen, sondern je nach den geforderten Vertragsbedingungen binnen 7 Tagen bzw. einem Monat auch im Rahmen von Arbeitsverhältnissen, die bereits vor dem 01.08.2022 bestanden, sofern es der Arbeitnehmer verlangt. Die Einhaltung der Vorschriften des NachwG wird vom Gesetzgeber nunmehr erstmals auch ordnungsgeldbewehrt. Wer beispielsweise eine der im Gesetz genannten wesentlichen Vertragsbedingungen nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig aushändigt, kann mit einer Geldbuße belegt werden.

In der Praxis ergibt sich dabei für Arbeitgeber bei Begründung neuer Arbeitsverhältnisse, gegebenenfalls aber auch im Rahmen von bereits bestehenden Arbeitsverhältnissen bei entsprechendem Verlangen der Arbeitnehmer ein mit kurzen Fristen umzusetzender Reaktionsbedarf. Wer bislang darauf gesetzt hat, dass die Vorgaben des NachwG bereits durch die verwandten Arbeitsverträge eingehalten werden, was in der Praxis regelmäßig der Fall war, wird seine Arbeitsverträge überarbeiten müssen, wenn er nicht künftig gesonderte Nachweise erstellen will, die den Einzelheiten des NachwG entsprechen. Durch das anachronistische Schriftformerfordernis, das durch die EU-Vorgaben nicht erforderlich gewesen wäre, bleibt zwar auch künftig der Arbeitsvertragsschluss in elektronischer Form möglich, erfüllt sodann jedoch nicht mehr die Vorgaben des NachwG. In der Gesetzesbegründung geht der Gesetzgeber davon aus, dass nur 10 % der Unternehmen ihre Musterverträge umfassender werden ändern müssen. Richtig dürfte demgegenüber sein, dass 100 % aller Unternehmen entweder ihre Musterverträge ändern oder mit separaten schriftlichen Nachweisen werden arbeiten müssen.

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Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht
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